Helmut W. Karl: Portrait

 Helmut W. Karl

Frischer Geist in alte Flaschen


Erfolg und Versagen in einem Zug

Stella, ein etwa 13 jähriges Mädchen, war verschlossen und nicht ansprechbar - für mich fast unglaublich. Sie ließ alles wortlos (und offenbar völlig teilnahmslos) geschehen. Als "Systemanalytiker" und jemand, der "Schauen und anderes Denken" gewohnt war, stellte sich mir die Frage:

Wie kann ein Mensch, dessen Kommunikationsfähigkeit so verschüttet ist, überhaupt am Unterricht teilnehmen? Ich musste also erfinderisch werden, wenn ich dem Kind helfen wollte! Unerschütterlich war ich davon überzeugt, dass kein Mensch von "Natur aus" zur Kommunikation derart unfähig sein konnte ... es fehlte nur ein Zugang, den es zu öffnen galt. Wie konnte ich mit so einem Menschen Kommunikation aufbauen?

Schon mein erster Ansatz - der hinterher von anderen "Autoritäten" niederschmetternd und als "höchst gefährlicher Versuch am Menschen" gebrandmarkt worden war - zeigte innerhalb einer guten Stunde einen phänomenalen Erfolg:

Stella war schweigsam, völlig verschlossen, aber irgendwie willenlos "formbar". Es war nicht möglich, ihr in die Augen zu schauen oder mit ihr einen Dialog zu beginnen, sie befolgte aber fast mechanisch jede Weisung wie etwa "nimm bitte hier Platz!". Ich ergriff ihre rechte Hand, drehte sanft die Handfläche nach oben und öffnete ihre Finger, sodass sie ihre Hand wie einen großen Löffel vor sich hin hielt.

Dann legte ich Stella wortlos einen etwa Entenei großen Kieselstein in die offene Hand und schloss sanft ihre Finger darum. nach einem kurzen, bekräftigenden Druck hielt ich ihr meine Hand entgegen und gab ihr durch eine Geste zu verstehen, sie möge mir den Stein zurückgeben und wartete schweigend. Nachdem sie keine Anstalten machte, "half" ich behutsam nach, indem ich ihre Handfläche nach unten drehte. Sobald es mir gelang, ihre klammernden Finger zu öffnen und der Stein in meine andere Hand kam, dankte ich ihr gut vernehmbar: "Danke!".

Etwa eine halbe Stunde lang war ich allein der Agierende. Stella ließ alles wortlos geschehen, ohne irgend ein Zeichen, dass sie am Vorgang teilnahm. Dann begann sie, sich zu sperren, mich ihre Finger vom Stein lösen zu lassen und ihn in meine offene Hand zurückzugeben. Sie wollte einfach nicht ... aber sie zeigte erst zögerlich, dann offen, dass sie ihren eigenen Willen hatte.

Auf die gleiche Weise, wie ich - durch Führung ihrer Hand - zuvor den Stein zurück in meine Hand gelegt hatte, legte ich ihr den Stein in den Schoß. Als sie nach vielleicht zwei, drei Minuten meine Absicht verstand, quittierte sie mit einem Lächeln - der ersten kommunikativen Reaktion ihrerseits überhaupt.

Mit anderen Gegenständen machte ich weiter, bis sie vielleicht acht oder zehn Dinge im Schoß liegen hatte - das ging alles schon viel zügiger vor sich ... sie begann offenbar, Gefallen am Spiel zu finden, denn nach dem vierten oder fünften Ding, griff sie selbst danach.

Dann plötzlich ignorierte sie meine "Gabe", griff nach einem der Dinge in ihrem Schoß und hielt es mir hin ... aber sie "wagte" offenbar nicht, es mir in die Hand zu legen. Es dauerte vielleicht drei, vier Minuten, bevor sie sich zaghaft traute. Als ich laut und deutlich "danke!" zu ihr sagte, lachte sie und gab mir eines nach dem anderen die Dingen aus ihrem Schoß zurück, mit Ausnahme des Steins, mit dem wir begonnen hatten. Den behielt sie und wollte sich nicht davon trennen.

Ich suchte nach etwas Ähnlichem und fand in meinem Krimskrams eine jener Kugeln mit "Schnee" im Inneren. Damit machte ich weiter - hin und her und "Danke!" Plötzlich verweigerte sie mir, die Kugel aus meiner Hand entgegen zu nehmen, was ich ihr mit einem "in Ordnung" quittierte.

Offensichtlich fand in ihrem Inneren ein Kampf statt ... ihr Blick war auf den Stein geheftet, als rede sie mit ihm. Sie ergriff ihn nach schier endlosem "Ringen", strich mit den Fingern über seine Oberfläche. Schließlich machte sie damit eine winzige Bewegung in meine Richtung, zog wieder zurück. Schließlich überwand sie ihre Furcht (oder Angst?), fast warf sie den Stein zu mir, so schnell schoss ihr Hand in meine Richtung, ließ den Stein fallen und schnellte wieder zurück.

Als mein "danke!" sein Poltern auf dem Boden übertönte, schien eine gewaltige Spannung ihren Körper zu lösen. Das Spiel ging weiter, der Stein fiel noch einige Male zu Boden, doch dann wechselte er zügig zwischen uns ... hin und her und "danke!". Nach ein paar Minuten sagte sie ihrerseits - erst zögerlich und kaum wahrnehmbar - "danke" und begann zu kichern, dann herzlich zu lachen und schließlich ganz normal in guter Laune dankend, wie der Stein so hin und her ging.

Als sie schließlich von ihren Eltern abgeholt wurde, sagte sie in einer Stimme wie jedes andere Mädchen ihres Alters "darf ich den Stein morgen wieder haben?" Ihre Mutter war etwas von den Socken ... so hatte sie Stella seit langem nicht erlebt.

Es war in der Folge leicht, mit ihr zu lesen - sie schien innerhalb ganz kurzer Zeit gut lesen zu lernen. Für mich war allerdings klar, dass sie das längst gelernt und beherrscht hatte, dass sie nur bis dahin einfach keinerlei Kommunikation - aus welchen Gründen auch immer! - mit ihrer Umgebung hatte. Ich hielt es für völlig sinnlos, irgendwelchen Lehrstoff zu behandeln, solange sie nicht "auf festem Grund baute".

Für die Eltern war unverständlich, weshalb und wozu ich begonnen hatte, mit ihr zu lesen, trotz meiner ausführlichen Erklärung: Wer nicht "Sinn-erfassend" lesen kann, hat kaum eine Chance in der Schule, und erst recht im Leben. Aus diesem Grund hatte ich es mir schon bald, nachdem ich mit Schülern begonnen hatte, zur Regel gemacht, mir eine Geschichte vorlesen zu lassen und dann mit dem Kind über ihren Inhalt zu reden.

Man könne ja immer noch später das Lesen verbessern ... jetzt sei der problematische Schulstoff wichtiger-(wichtiger als die Verfassung des Kindes? fragte ich mich.) Und so kam es, wie es manchmal kommt, wenn verschieden gewichtete Werte im Spiel sind, über die nie ausreichende kommuniziert wird: Den Eltern war der "Schulstoff" wichtiger.

Meine Einwände dagegen und mein Vorschlag die "seelische Verfassung" des Mädchens in den Vordergrund zu stellen, zählte weniger als das "drohende Versagen" in der Schule. Hier war ein Zwang im Spiel, den ich einfach nicht als vernünftig erkennen konnte, und ich wollte mich nicht zum Handlanger für so etwas machen lassen.

Ich war damals zum Schluss gekommen, dass ich mehr Zeit mit den Eltern würde auf­bringen müssen als mit dem Kind, und dass ich mich für die Verfassung des Kindes nicht verantwortlich fühlen musste ... meine Verantwortung endete gewisser Maßen an den Grenzen meines Einflussbereichs und meiner Handlungsmöglichkeiten, egal wie gern ich geholfen hätte.

Für die Eltern war es einfach, die Beziehung zu mir zu lösen, weil ich keinerlei Vertrag geschlossen, sondern nur versichert hatte, mein Bestes zu geben. Die erste Zeit zahlten sie gerne mein Honorar und wollten - möglichst gleich am nächsten Tag - wiederkommen. Doch das änderte sich - nach meinem Eindruck in dem Maße, wie Stella aufgeweckter und fröhlicher wurde, und ich nicht hellhörig genug war, als die Frage "wann geht es denn jetzt ernst los?" richtig einzuschätzen.

Wenn ich mich richtig erinnere, war Stella kaum mehr als zehn Stunden in meiner Obhut - ich habe nie mehr erfahren, wie es mit ihr weiterging.

Ich danke herzlich für Ihr Interesse und Ihren Besuch und
wünsche Ihnen das Beste!
Helmut W. Karl

Copyright Helmut W. Karl © 2015

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Zum Titelbild: Wasser und der weite Horizont bilden gewisser Maßen das Sinnbild für alle Artikel in dieser Sait.

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Das Motto "Frischer Geist in alte Flaschen" geht auf ein sehr nettes Büchlein "Der Geist in der Flasche" zurück, in dem sich "der Geist" die bewegende Frage stellt "Bin ich eine Flasche oder hab' ich eine?" Mein Gedanke dazu war: Rüttle den Geist, der sich als Flasche sieht, auf und gib ihm ein frisches Leben!

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Copyright dieser Seite Helmut W. Karl (Impressum), Text publiziert 12Jun2015